Geschichte
der Kirche Döbra
Am 29. Juni 1975 beging Döbra die 1OO-Jahrfeier seiner heutigen Kirche. Aus diesem Anlaß verfasste Hans Hartmann einen Rückblick in die Geschichte der Kirche. Vom 23. bis 25. Juni 2000 beging Döbra die 125-Jahrfeier seiner Kirche. Der Rückblick Hans Hartmanns ist der zu diesem Anlaß erschienenen Festschrift entnommen. 2. DIE STREITIGKEITEN WEGEN DER KIRCHE Döbra und Haidengrün waren die beiden einzigen Gemeinden des ehemaligen Landkreises Naila, die politisch bis 1803 zum Fürstbistum Bamberg gehörten, während sie kirchlich bis 1822 mit dem in der früheren Markgrafschaft Bayreuth gelegenen Schauenstein verbunden blieben. Infolge der eigenartigen Rechtsverhältnisse war es kein Wunder, daß Döbra zu einem Zankapfel wurde zwischen den beiden hohen Herrn, dem Bamberger Bischof und dem Bayreuther Markgrafen. Die Streitigkeiten begannen mit der in Döbra eingeführten Reformation, dauerten jahrhundertelang und wurden von beiden Seiten mit immer schärferen Mitteln geführt, wobei man auch vor Gewalttätigkeiten nicht zurückschreckte. a. Reformation Obgleich Döbra auf bambergischem Gebiete lag und zum bischöflichen Amte Radeck, nach 1500 zum Vogteiamt Enchenreuth, gehörte, so trat es doch zu gleicher Zeit mit seiner Mutterkirche Schauenstein der Reformation bei. Markgraf Georg der Fromme (1516 bis 1543) führte die Reformation in den beiden Fürstentümern Kulmbach und Ansbach ein. In Schauenstein wurde die neue Ordnung des Gottesdienstes 1528 eingeführt. 1533 erschien die brandenburgisch-nürnbergische Kirchenordnung, die dem evangelischen Kirchenwesen im Lande eine feste Grundlage gab. Im gleichen Jahre veranlaßte Markgraf Georg die gesetzliche Einführung der Tauf- und Trauregister. Für Döbra legte Pfarrer Barth in Schauenstein i. J. 1534 eigene Kirchenbücher an. In diesem Jahre dürfte also die Reformation in Döbra eingeführt und der Gottesdienst nach der Weise wie in Schauenstein gehalten worden sein. Da die Reformation in Bamberg unter Bischof Georg III. (1505 bis 1522) selbst große Fortschritte machte, wurden ihr von dieser Seite zunächst wenig Hindernisse in den Weg gelegt. Aber bereits unter der Regierung Bischofs Weigand von Redwitz (1522 bis 1556), des Nachfolgers des der Reformation aufgeschlossenen Georgs III., trat man energisch gegen die reformatorischen Bestrebungen auf und wollte die Abgefallenen wieder zur katholischen Kirche zurückführen. Auch in Döbra unternahm man solche Versuche, indem man die Gemeinde zunächst von der kirchlichen Verbindung mit Schauenstein loszulösen trachtete. 1536 forderten der Kastner von Stadtsteinach und der Enchenreuther Vogt die Döbraer auf, in die Kirche nach Presseck zu gehen, das damals noch katholisch war (in Enchenreuth gab es noch keine Kirche). Schon das war eine starke Zumutung, daher dachten die Döbraer nicht im geringsten daran, sich von Schauenstein zu trennen. Auch der Zehnte, d. i. die 30. Getreidegarbe, die der Schauensteiner Pfarrer von Döbra und Haidengrün für die Betreuung der Filialkirche erhielt, sollte künftig dem katholischen Pfarrer in Presseck gereicht werden. 1501 war bereits der Zehnte der vier Orte Rodeck, Thron, Schönwald und Poppengrün dem Schauensteiner Pfarrer entzogen und in den Bamberger Kasten von Stadtsteinach abgeführt worden. Nach jahrelangen Streitigkeiten wurden 1538 durch den in Forchheim zwischen beiden Ländern geschlossenen Vertrag auch die Angelegenheiten in Döbra geregelt. Alle weltlichen Hoheitsrechte, wie die hohe und niedere Gerichtsbarkeit, wurden an Bamberg abgetreten, während Brandenburg, also die spätere Markgrafschaft Kulmbach/Bayreuth, die kirchlichen Rechte erhielt. Der Schauensteiner Pfarrer durfte den Zehnten von Döbra und Haidengrün behalten, der Zehnte von den Außenorten Döbras mußte jedoch in den Kasten Stadtsteinach abgeführt werden. Durch die Vereinbarung war vorerst der evangelisch-lutherische Gottesdienst in Döbra gesichert, und es gelang Bamberg nicht, Döbra von Schauenstein zu trennen. b. Gegenreformation Einige Jahrzehnte später kam es wieder zu heftigen Streitigkeiten, die 1597 zu schweren Ausschreitungen führten. Die Gegenreformation lief in Bamberg auf Hochtouren. Döbra sollte wieder katholisch und mit Enchenreuth verbunden werden, wo inzwischen eine Kirche erbaut worden war, aber die Bewohner weigerten sich standhaft. Nun drohte ihnen Bamberg mit Leibesstrafen und Landesverweisung, und da die Drohungen nicht wirkten, versperrten die Bischöflichen die Kirche, nahmen die Schlüssel weg und brachten sie nach Enchenreuth, so daß der Gottesdienst im Freien abgehalten werden mußte. Döbra suchte in Schauenstein Hilfe, und man wollte die Angelegenheit auf gütlichem Wege durch Verhandlungen mit Bamberg schlichten, doch alles war vergeblich. Nun schritten die Markgräflichen zur Gewalt. Dazu glaubte man auch berechtigt zu sein, betrachtete man die Kirche doch immer als markgräfliches Eigentum. Mit bewaffneter Mannschaft - nach der Klageschrift Bambergs an das Reichskammergericht sollen es 300 Mann gewesen sein - zog der Schauensteiner Vogt nach Döbra und ließ die Schlösser von den Kirchtüren schlagen. Dabei hätte er nach der Klageschrift den Bamberger Gerichtsknecht bedroht und dem katholischen Büttner Nikol Schmidt von Enchenreuth die Büchse auf die Brust gesetzt und ihn einen katholischen Schelm geheißen. Dann hätte er andere Schlösser anlegen lassen. Bald darauf, am 7. Juli 1597, kam der Bamberger Amtmann von Kupferberg, Sigmund Lorenz von Wildenstein, mit einer Anzahl Schützen, schlug die Schlösser ab und legte zwei neue Vorlegeschlösser an. Am 10. Juli erschienen abermals der Vogt von Schauenstein und der Kastner von Kulmbach, begleitet von 1000 (?) Mann, die sich teils in den Wäldern versteckt, teils bei den Beamten befunden hätten, ließen die Schlösser wieder abschlagen, die Kirche öffnen und einen evangelischen "Prädikanten" - Pfarrer von Schauenstein - predigen. Zum drittenmale versperrten die Bamberger am 15. Juli die Kirche, und zum drittenmale kam am 27. August der Vogt von Schauenstein, begleitet von dem Kulmbacher Kastner, dem Vogt von Naila und 300 Mann, um die Schlösser abzuschlagen, worauf der "Prädikant" predigte. Schließlich wurde noch der Enchenreuther Vogt Andreas Riegel von den Markgräflichen inhaftiert. Die von Bamberg verlangte Freilassung wurde verweigert, da der Vogt die Schlüssel der Filialkirche, die doch markgräflich sei, weggenommen habe. Der Bischof verklagte den Markgrafen beim Kaiser wegen Landfriedensbruchs. Die Verhandlung sollte im März 1598 beim Reichskammergericht Speyer stattfinden. Wie der Prozeß ausging und ob es überhaupt dazu kam, läßt sich jedoch nicht aus den Akten des Staatsarchivs Bamberg entnehmen. c. "die Wäsch" bei Rodeck Ein Streitgegenstand der beiden Pfarreien Schauenstein und Enchenreuth waren auch die Bergleute auf der St. Bernhardszeche bei Rodeck. Das dort entstandene Bergwerk hieß im Volksmund "die Wäsch". Beide Pfarreien beanspruchten das Parochialrecht (Recht, kirchliche Handlungen wie Taufen, Ebeschließungen, Beerdigungen zu vollziehen) über die in ,,der Wäsch" in zwei Häusern wohnenden Bergleute. Schauenstein wies in den Kirchenbüchern nach, daß die Bergleute stets nach Döbra eingepfarrt waren, Enchenreuth behauptete, das Bergwerk sei Bamberger Eigentum und die Bergleute arbeiteten auf bischöflichem Besitz, was auch der Wirklichkeit entsprach, also müßten sie ihre "Pfarrgerechtigkeit" in Enchenreuth suchen. Aus diesem Grunde zwang Enchenreuth 1620 die Bergleute Melzer, Rockelmann und Holzschuher ihre Kinder in Enchenreuth taufen zu lassen. 1624 verunglückte ein Bergmann im Schacht tödlich. Als der Tote nach Enchenreuth gebracht wurde, erschien der Schauensteiner Geistliche und wollte ihn beerdigen. Es kam auf dem Friedhof zu einem häßlichen Streit, der damit endete, daß der Vogt Azendörfer den Pfarrer vom Grund und Boden des Bischofs verwies. Auch in den folgenden Jahren versuchte Enchenreuth immer wieder, die Bergleute in "der Wäsch" als ihm zugehörig zu beanspruchen, und 1690 behauptete es, alle Bergleute der St. Bernhardszeche, der St. Johannesgrube in Thron, der Eisengruben bei Poppengrün und Haidengrün, ob katholisch oder evangelisch, gehörten nach Enchenreuth. Und im gleichen Jahre drangen der Enchenreuther Vogt und der Kastner von Stadtsteinach wieder darauf, die Bergleute in den bischöflichen Gruben zur katholischen Taufe ihrer Kinder zu bewegen und drohten ihnen für den Weigerungsfall mit Arbeitsentlassung. So war es kein Wunder, daß sich die Bergleute dem Druck fügten,wenn sie ihren Arbeitsplatz nicht verlieren wollten. d. 30-jähriger krieg Während des Dreißigjährigen Krieges nahmen die Bedrückungsmaßnahmen ihren Fortgang. Bamberg versuchte mit allen Mitteln die Bevölkerung wieder katholisch zu machen, und es gelang auch einzelne zum Abfall zu bewegen. So hatte 1627 Frau Anna Wagner, die um diese Zeit als Besitzerin des Hofes Nr.8 in Rodeck genannt wird, dem Schauensteiner Pfarrer erklärt, wieder evangelisch zu werden. Sie war also katholisch geworden. Der Enchenreuther Vogt erfuhr von ihrem Vorhaben, ließ die Frau nach Enchenreuth bringen, verhörte sie, und weil sie nicht willens war katholisch zu bleiben, ließ er sie einsperren und in Ketten schließen. 1628 wies Bamberg den Kastner von Stadtsteinach an, die katholische Lehre mit allem Nachdruck einzuführen. Die Unbegüterten sind auszutreiben, wenn sie sich nicht fügten, die Begüterten aber "zur Vernunft" zu bringen. Daraufhin wurden die meisten Einwohner Döbras wieder katholisch und suchten ihre "Pfarrgerechtigkeit" in Enchenreuth. Aber auch in dieser Zeit riß die Verbindung mit Schauenstein nicht ab. Die Geistlichen waren in Döbra tätig, wenn auch unter mancherlei Behinderungen. 1632 kamen die Schweden und besetzten das Bistum Bamberg. Die Döbraer atmeten auf, der Zwang fiel, sie wurden wieder evangelisch und blieben es bis zum heutigen Tage. Aber erst der Westfälische Friede 1648 brachte die endgültige Entscheidung. 1649 traten in Nürnberg die Bevollmächtigten der beteiligten Länder zusammen, um die Friedensbedingungen durchzuführen. Dabei wurde am 24. Juli über Döbra bestimmt: Weil die Kirche "von dem weyland vorigen Herrn Marggrafen zu Brandenburg erbauet, fundiret, die Augsburgische Confession daselbst eingeführet... und die Evangelische Religion bis 1628 gehalten worden", so solle "alles wieder im vorigen Stand gesezt, die nach Enchenreuth entzogene Eingepfarrte an Besuchung des Evangelischen Gottesdienstes in Döbra weiter nicht gehindert noch abgehalten, auch die Pfarrgefälle (Abgaben) so nach besagtem Döbra von Altersher gehörig, ohnweigerlich aus dem Stifft (Hochstift Bamberg) wieder abgefolget werden". Am 7. Februar 1650 fand noch ein Vergleichsrezeß statt zwischen Markgraf Christian von Bayreuth und Bischof Melchior von Bamberg, in dem es heißt: " ... zum Andern soll es bey den Kirchen und Filial Döbra alles wieder im vorigen Stand des 1624. Jahres gesezet werden". Nachdem Döbra vor 1624 evangelisch war, sollte es so sein und bleiben. Damit bekam das evangelisch-kirchliche Leben in Döbra eine feste Rechtsgrundlage. e. Der neue gregorianische Kalender Auch gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges fehlte es nicht an Bedrängnissen. Viel Ärger und Verdruß hatten die Döbraer mit dem Kalender. In Bamberg rechnete man nach dem alten julianischen Kalender; 1582 wurde in den katholischen Ländern, auch im Bistum Bamberg, der neue gregorianische Kalender eingeführt. Den Bewohnern Döbras wurde befohlen, die Feiertage nach diesem Kalender zu halten und gedroht, jeden Übertreter mit zehn Gulden in Geld und drei Pfund Wachs zu bestrafen. Im Falle der Uneinbringlichkeit sprach man eine Leibesstrafe aus. In der Markgrafschaft Bayreuth galt bis 1700 noch der alte julianische Kalender, dessen Feiertage auch in Döbra zu halten waren. Die Einwohner mußten sich also nach zwei Kalendern richten. In einer Bittschrift v. 19. September 1643 an ihren Landesherrn, den Bischof, bitten sie inständig das Gebot zurückzunehmen, da sie auch die in der evangelischen Kirche angeordneten Feiertage halten müßten. Es würden manchmal nach den beiden Kalendern zwei oder drei Feiertage in eine Woche fallen, so daß sie zu keiner rechten Arbeit kämen, zumal sie auch oft in ihren Angelegenheiten vor die Beamten nach Enchenreuth, Stadtsteinach und Kupferberg gefordert würden, wodurch auch viel Zeit versäumt werde. Häufig mußten sie vor den raubenden und plündernden Soldatenbaufen in die Wälder flüchten und sich Tag und Nacht verbergen. Sie wohnten in einem "recht winterischen Ort, teils im Wald, teils vorm Wald", Korn und Hafer litten oft Schaden. Auch auf die Kriegskontributionen und Quartiergelder, welche die Not erhöhten, wurde hingewiesen. Sie baten den Bischof untertänigst, Verständnis für ihre bedrängte Lage zu haben und ihnen zu gestatten, nur die evangelischen Feiertage zu halten, aber an den katholischen arbeiten zu dürfen. Aus einer Bemerkung auf der Abschrift des Gesuchs erfahren wir, daß die Bittschrift in Bamberg übel aufgenommen worden sei und der Bote Endres Förtsch, der sie überbrachte, kein gutes Wort zu hören bekommen habe. Vogt und Pfarrer in Schauenstein nahmen sich der bedrängten Glaubensgenossen an und berichteten an das Konsistorium in Kulmbach. Zunächst erfolgte keine Antwort, weshalb einzelne Gemeindeglieder ihre schuldigen Gebühren an den Diakon und Pfarrer nicht bezahlten, dann ermahnte ein Erlaß des Konsistoriums v. 4. Juli 1645 die Gemeinde, sich in der bisherigen Beobachtung der Feiertage nicht irre machen zu lassen, die schuldigen Gebühren zu reichen und versprach gütliche Schlichtung der Angelegenheit mit Bamberg. Offenbar konnte man bei den bischöflichen Stellen nichts erreichen. Döbra mußte die Feiertage nach den beiden Kalendern bis etwa 1700 halten, erst von da ab wurde der gregorianische Kalender auch in der Markgrafscbaft Bayreuth eingeführt. Nun galten für Döbra nur die evangelischen Feiertage, an den katholischen sollten stille Arbeiten geleistet werden. f. Streit bei Kasualien Obwohl der evangelische Gottesdienst in Döbra durch die Entscheidung v. J. 1649 gewährleistet und für das kirchliche Leben eine feste Rechtsgrundlage geschaffen war, gestalteten sich die konfessionellen Verhältnisse auch später noch schwierig und blieben verworren. Wollte z. B. der Pfarrer in Enchenreuth an einem in der Gemeinde wohnenden Katholiken geistliche Handlungen vornehmen, so mußte er vorher den Schauensteiner Diakon um seine Einwilligung ersuchen und ihm die fälligen Gebühren bezahlen. Bei Kasualhandlungen, wie Taufen, Eheschließungen und Beerdigungen an evangelischen Bewohnern eines Hauses in Thron andererseits hatte der Diakon das Einverständnis des Enchenreutber Pfarrers einzuholen und diesem die Stolgebühren zu entrichten, weil das Haus - es handelte sich um Nr.4 - nach Enchenreuth gepfarrt und etwa von 1593 bis 1615 von dem katholischen Forstknecht (= Förster) Nikol Fraas bewohnt war, weswegen es auch das katholische Haus genannt wurde. Heute ist es abgetragen. Noch i. J. 1753 durfte der Diakon das Haus nicht betreten, um eine geistliche Handlung zu vollziehen. Sterbende, die das Abendmahl empfangen wollten, mußten entweder in ein anderes Haus gebracht werden oder ohne den Trost der Kirche sterben. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts ließ man von solchen uns heute unverständlichen Maßnahmen ab. Auch Druck auf evangelische Bewohner wurde nach dem Dreißigjährigen Kriege noch ausgeübt. So beschwerte sich die Bayreutber Regierung 1686 bei Bamberg, daß am ersten Epiphanias d. J. aus jedem Haus der Filiale Döbra eine Person zur Wallfahrt nach Marienweiher gezwungen und dadurch der Gottesdienst in Döbra nur schwach besucht worden sei. Bei manchen Wallfahrern wird es auch nicht allzuviel Zwang bedurft haben, denn es kam bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts noch vor, daß einzelne evangelische Personen der Gemeinde die Wallfahrt unternahmen. g. Die Marienstatue Wie zerstritten und verfeindet die beiden Länder, die Markgrafschaft Bayreuth und das Bistum Bamberg, in früheren Jahrhunderten wegen der konfessionellen Gegensätze und aus anderen Gründen waren, und wie auch die Eigentums- und Rechtsverhältnisse auf schwachen Füßen standen, zeigt sich bei dem Obergriff, den sich Bamberg leistete, und wodurch Döbra ein wertvolles Kunstwerk verlorenging. Wie berichtet wurde um 1500 auf dem Altar unserer Kirche eine hölzerne Marienstatue von einem unbekannten Meister aufgestellt. 1696 ließ der Bamberger Oberamtmann von Waldenfels in Kupferberg mit Einwilligung des zuständigen Schauensteiner Diakons Völkel das Marienbild von dem Kirchenpfleger Andreas Oßwald aus der Kirche holen, um es in Wasserknoden renovieren zu lassen, wo Waldenfels Besitzungen hatte. Nach der Renovierung brachte Oßwald die Statue wieder nach Döbra. Diakon Völkel war darüber erfreut und dankte auf der Kanzel dem Oberamtmann für sein hochherziges Entgegenkommen, zumal der Kirchengemeinde bei der Renovierung keine Kosten entstanden waren. Erst nach einigen Wochen fiel es dem Diakon auf, daß das Bild einen neuen Schmuck erhalten hatte. Maria trug in der rechten Hand ein Zepter, das mit einem Band festgehalten war. Der Diakon nahm Anstoß an dem in einer evangelischen Kirche nicht passenden Abzeichen, nahm es weg und legte es beiseite. Auf Befehl des Oberamtmanns mußte es Oßwald wieder anbinden, worauf es der Diakon wiederum entfernte. Daraufhin gab der Oberamtmann Oßwald bei 20 Taler Strafe den Befehl, das Bild wieder nach Wasserknoden zu bringen, was dieser auch tat. Waldenfels wollte das Bild nicht eher wieder herausgeben, bis das Zepter in der Hand der Statue von dem Schauensteiner Geistlichen geduldet werde. Wegen der Vorenthaltung des Marienbildes beschwerte sich das Konsistorium in Bayreuth bei der Bamberger Regierung, hatte aber keinen Erfolg. Das Konsistorium verurteilte die Handlungsweise des Diakons und erteilte ihm einen scharfen Verweis. Pfarrer Glaser und Diakon Völkel bemühten sich, die Statue zurückzubekommen und beauftragten den Kirchenpfleger Oßwald, sie ohne Zepter von Wasserknoden zu holen. Da sie aber Waldenfels auch ohne Zepter nicht herausgab, befahl die markgräfliche Regierung in Bayreuth, die Statue mit Zepter wieder zu beschaffen. Waldenfels weigerte sich, und obwohl er sich das Bild widerrechtlich angeeignet hatte, unternahm Bamberg nichts, um ihn zur Herausgabe zu veranlassen, ja, es lobte ihn sogar für den Diebstahl. Von dem Diakon verlangte Bamberg ein Schuldbekenntnis, da er mit der Wegnahme des Zepters einen schweren Frevel in der "unstreitig Bamberg" zugehörigen Kirche begangen habe. Während die Bayreutber Regierung immer empfindlich reagierte, wenn es sich um eine Schmälerung ihrer Rechte sowie der von ihr beanspruchten markgräflichen Kirche in Döbra handelte, hören wir in diesem Falle nichts, vielleicht war Bayreuth auch nicht ernsthaft gewillt, dem Verlangen zur Herausgabe der Statue Nachdruck zu verleihen. Eigenartigerweise wandte sich Bayreuth auch nicht an das Gericht, um einen Urteilsspruch zu erwirken, daß das entwendete Kunstwerk wieder seinem rechtmäßigen Besitzer übergeben werden konnte. Ob der Diakon mit der Wegnahme des Zepters klug handelte und damit dem bischöflichen Beamten- den Grund gab, die Statue nicht herauszugeben, sei dahingestellt. Heute würde kein Pfarrer einer evangelischen Kirche an einem solchen äußeren Symbol Anstoß nehmen, er wäre im Gegenteil glücklich, wenn seine Kirche ein derartiges Kunstwerk besäße. Das so umstrittene Marienbild kam später, unbekannt wann und wie, nach dem Wallfahrtsort Marienweiher in das dortige Franziskanerkloster und steht in der cella hospitalis. Das mit einem Band in der rechten Hand der Statue befindliche Zepter beweist, daß es das einst in Döbra befindliche Bild wirklich ist. Die Figur stammt aus der Spätgotik, und darauf gründet sich die Annahme, daß das Bild Ende des 15. oder anfangs des 16. Jahrhunderts auf dem Altar unserer Kirche aufgestellt und damals Wallfahrtsort wurde, was jedoch - wie erwähnt - nicht bewiesen werden kann. Das Pfarramt Marienweiher beschreibt die Statue: "Die Statue stellt Maria dar als Himmelskönigin mit Krone und Zepter, das Jesuskind auf dem linken Arm und den Mond, das Sinnbild der Vergänglichkeit, zu ihren Füßen. Das Antlitz ist edel geformt, der Oberkörper etwas seitlich zurückgebogen, als wollte er der Last des Kindes begegnen. Der Gesichtsausdruck des Jesus Kindes ist weniger schön. - Die Statue ist nicht stilrein und dürfte daher schwer einer bestimmten Stilart und Zeit zuzuschreiben sein; dem gotischen Stil steht sie wohl am nächsten. Ausgesprochen gotisches Gepräge zeigen nur Krone, Zepter und der Saum des Kleides. Ob das mit einem Band lose an der rechten Hand befestigte Zepter eine spätere Zutat ist, läßt sich nicht feststellen. Sicherlich wirken die leicht eingebogenen Finger ästhetisch besser als eine geschlossene Faust. Die Höhe der Statue mit Sockel ist 99 cm, ohne Sockel 95 cm. Leider befindet sich weder im Pfarrarchiv noch auch in den Kirchenrechnungen eine Andeutung einer Transferierung der Statue von Döbra nach Marienweiher". h. Kampf um die Schule Ein erbitterter Kampf entstand auch um die Schule. 1693/94 baute Döbra ein Schulhaus. Von der markgräflichen Regierung war das Bauholz unentgeltlich bewilligt worden, es war lediglich gegen ein Anweisgeld von 12 Kreuzern abzugeben. Außerdem war im Fürstentum eine Kollekte erhoben worden. Unter dem Vorwand, das Anweisgeld sei zu hoch und das Holz stehe an einem schwer abzufahrbaren Ort, lehnte die Gemeinde, vermutlich auf Veranlassung der Bamberger Beamten, das von der markgräflichen Regierung bewilligte Holz sowie die Kollekte ab und entschied sich für das aus der bischöflichen Waldung ohne Anweisgeld bereitgestellte Bauholz. Daraufhin gab Bayreuth nach, und das Schulhaus wurde gebaut. Bamberg betrachtete das Schulhaus als ein bischöfliches Gebäude, nahm das Recht in Anspruch den Lehrer zu ernennen und durch den Enchenreuther Vogt verpflichten zu lassen. Bayreuth wiederum sah das Schulhaus als seinen Besitz an, weil es innerhalb der Ringmauer der markgräflichen Kirche erbaut worden war und beanspruchte ebenfalls das Recht, den Lehrer zu ernennen, denn dieser hatte in der damaligen Zeit nicht nur die Kinder zu unterrichten, sondern auch den niederen Kirchendienst zu versehen. Zunächst durfte Brehm im Schulhaus wohnen, als er jedoch die Verpflichtung durch den Vogt ablehnte, verjagten ihn 1695 die Bamberger Beamten aus dem Schulhaus und aus Döbra. Lehrer Eyßer, der Nachfolger Brehms, wurde von Bamberg ernannt und verpflichtet. Bayreuth erkannte den Lehrer nicht an und berief 1713 ebenfalls einen Lehrer, Johann Adam Kraft, nach Döbra. Als Kuriosum gab es also zu gleicher Zeit zwei Lehrer in Döbra, einen Bamberger und einen Bayreuther. Natürlich behauptete sich der Bamberger Lehrer, denn hinter ihm stand die Macht seines Landesherrn. Kraft übte den Schuldienst nur kurze Zeit aus, verließ Döbra und zog nach Schauenstein, wo er immer den Diakon zum Gottesdienst begleitete und in Döbra den Kirchendienst versah. So entstand ein neues Kuriosum: der Schauensteiner Lehrer versah den Dienst als Kirchner ohne Entschädigung, während sein Bamberger Kollege in der markgräflichen Kirche die Orgel spielte und dafür das Geld als Kirchendiener empfing. Um aus der mißlichen Lage herauszukommen, schlug Bayreuth vor, beide Lehrer abzusetzen und empfahl der Gemeinde einen "privat-Praeceptorum", also einen neutralen Lehrer, der weder Bayreuth noch Bamberg verpflichtet wäre. Bamberg ging jedoch nicht darauf ein. Nun setzte Bayreuth beide Lehrer ab und forderte Eyßer auf, das Schulhaus zu verlassen und es auf keinen Zwang ankommen zu lassen. Eyßer kümmerte sich jedoch nichts um den Befehl, blieb im Schulhaus und verrichtete seinen Dienst in der Schule und auf der Orgel weiter, wußte er sich doch von seiner Landesobrigkeit gestützt, bei der die Bayreuther Vorstellungen und Proteste keinen Eindruck machten. Zwar suchte man von Bayreuth aus aktiv vorzugehen. Aus dem Jahre 1718 wird noch berichtet, daß der Münchberger Superintendent (= Dekan) dem Lehrer die Kirchenschlüssel abgenommen habe, und im gleichen Jahre sei dem Lehrer ein Schreiben zugestellt worden, das Schulhaus zu räumen. Der Befehl blieb aber wirkungslos. Bamberg protestierte und schützte den Lehrer bei seinem Schuldienst "nachdrucksamst". Nachdem sich die Haltung Bambergs immer mehr versteifte und Bayreuth nichts erreichte, gab es nach und zog seinen Lehrer ab. i. Das Trauerläuten Ein anderer Streitgegenstand war das Trauerläuten für verstorbene fürstliche Personen. Nicht nur beim Tode des Markgrafen und seiner Gemahlin, sondern auch, wenn sonst ein Mitglied der fürstlichen Familie starb, ja beim Tode eines jeden Angehörigen des Hauses Hohenzollern, auch der weiblichen, in fremden Ländern verheirateten, wurde im Fürstentum Bayreuth ein mehrwöchentliches Trauerläuten angeordnet. Da die Döbraer Kirche als markgräflicher Besitz galt, war das Trauerläuten auch hier auszuführen. Der Todesfall wurde in der Kirche verkündigt; auch mußte während der Trauerzeit das Orgelspiel eingestellt werden. Zunächst duldete Bamberg diese Anordnungen, dann aber suchte es das Trauerläuten zu verhindern. Nach dem Tode des 1726 verstorbenen Markgrafen Georg Wilhelm verbot der Enchenreuther Vogt zum erstenmal das Trauerläuten. Der Schauensteiner Lehrer West wollte läuten, aber niemand war bereit ihm aus Furcht vor Strafe Beistand zu leisten. Dagegen gestattete der Vogt trotz des Bayreuther Verbotes das Orgelspiel. Nach dem Tode der Markgräfin Charlotte von Ansbach im Dezember 1729 wurde wieder ein vierwöchentliches Trauerläuten alle Tage von 11 bis 11.15 Uhr sowie Einstellung des Orgelspiels angeordnet. Auch damals spielte Lehrer Eyßer entgegen dem Verlangen des Diakons die Orgel. West durfte zwar am 6. Januar 1730 läuten, am folgenden Tage verwehrte es ihm der Vogt. Nach dem Tode des 1734 auf einem Kriegszug in Italien schwerverwundeten Prinzen Albert Wolfgang verkündigte Diakon Wießner in der Kirche das Ableben des Prinzen. Nach dem Gottesdienst protestierten in der Kirche Lehrer Eyßer und Schultheiß Oßwald wegen der Trauermandate und verlasen einen Befehl des Enchenreuther Vogts, den Kirchner West durch den Korporal Haueisen gefangenzunehmen und nach Enchenreuth zu bringen, falls er zu läuten versuchen sollte. Während Bamberg das von Bayreuth verfügte Trauerläuten zu verhindern trachtete, suchte es ein solches beim Ableben des Landesherrn Döbras, des Bischofs, einzuführen, was auch verständlich war. So wurde 1729 der Tod des Bischofs Lothar Franz von Schönborn in der Kirche verkündigt und dabei ein Trauerläuten zum erstenmale angeordnet, wogegen Bayreuth protestierte und das Läuten verweigerte. Zu schweren Ausschreitungen kam es am zweiten Osterfeiertag 1763 nach dem Tode des Markgrafen Friedrich. An diesem Tage begab sich Kammerkommissar Solger von Schauenstein nach Döbra, um das Trauerläuten anzuordnen. Als Kirchenpfleger Strobel ihn bemerkte, ahnte er gleich, weswegen er gekommen war und sandte sofort einen Boten nach Enchenreuth, um dem Vogt Meldung zu erstatten. Als Solger mit einigen Männern auf dem Turm war, ließ Strobel die Treppen abnehmen, so daß die Leute auf dem Turm erst herabsteigen konnten, nachdem Leitern gebracht worden waren. Nach dem Trauerläuten wurde der Kirchner Keil, der das Läuten vornahm, von dem Haidengrüner Knecht Frisch angeblich auf Anstiften Strobels mißbandelt und blutig geschlagen. Bei einer nachmittags stattgefundenen Beerdigung waren die Tore des Friedhofs und der Kirche von Enchenreuther Mannschaft besetzt. Im Schulzimmer aber saß der inzwischen eingetroffene Vogt und diktierte dem mitgebrachten Bürgermeister von Enchenreuth ein Protokoll wegen des Trauerläutens. Als Diakon Liebermann und Kirchner Keil eintraten, wies der Vogt den Kirchner aus dem Schulhaus und befahl der Enchenreuther Mannschaft ihn zu verhaften. Dem Protest des Diakons wegen der Übergriffe erwiderte der Vogt mit groben und beleidigenden Worten und fragte ihn, ob er sich auch Unannehmlichkeiten machen wolle. Nachdem der Trauergottesdienst nun doch stattfinden konnte und die Gemeinde in der Kirche versammelt war, ging der Bürgermeister von Enchenreuth mit zwei Zimmerleuten und sechs Bewaffneten durch die Kirche und stiegen auf den Turm. Sie nahmen die Glockenschwengel ab und brachten sie nach Enchenreuth. Den Kirchner Keil, der am Vormittage das Läuten vorgenommen hatte, schleppten sie nach Enchenreuth und sperrten ihn 13 Tage bei Wasser und Brot ein. Bayreuth traf sofort Gegenmaßnahmen, und als der Döbraer Hufschmied Peetz am nächsten Tage nach Schauenstein ging, wurde er wie in einem Wildwestfilm auf der Straße überfallen, 12 Tage eingesperrt und erst freigelassen, nachdem auch Enchenreuth seinem Gefangenen die Freiheit wieder geschenkt hatte. Ähnliche Auftritte wegen des Trauerläutens ereigneten sich mehrmals in früheren und späteren Jahren. k. Das neue Cesangbuch Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts erhitzten sich aus einem geringfügigen Anlaß nochmals die Gemüter. In der Markgrafschaft Bayreuth wollte man ein neues Gesangbuch einführen, das auch in Döbra verwendet werden sollte, jedoch scheiterte die Einführung zunächst an dem Verbot des Enchenreuther Vogts Körner, eines übereifrigen und angriffslustigen Herrn. Am 12. Juni 1789 teilte Körner dem Diakon Basold mit: "Ich weiß nicht, wie mein hochgeehrter Herr Diakon dazu kommt, zu nicht geringer Bekränkung der hochfürstlich bambergischen Territorial- und Kirchenherrschaft über die Pfarrei Döbra, auf öffentlicher Kanzel zu verkündigen, daß sich die Bamberger Pfarrkinder neue von einem bochlöblichen Konsistorium in Bayreuth verfertigte Gesangbücher anzuschaffen hätten. Kurz! Dieses und jedes andere Beginnen bleibt für jetzt und allezeit untersagt und niemanden werde ich mir die Kirchenherrschaft in ihrem ganzen Umfang bekränken lassen. Ich habe die alten Gesangbücher durchgesehen und finde sie ganz im Geiste Ihrer Religion, daher sind meine Befehle an den Schulmeister Johann Hellrich erlassen worden, daß er am nächsten Sonntag nur Lieder nach dem alten Gesangbuch an die Tafel zum Absingen anschreiben solle, welche ganz auf das Evangelium passend sind. Dem Schultheiß ist ebenfalls die Bedeutung geschehen, den Untertanen mitzuteilen, daß die neuen Gesangbücher kassiert seien, und die alten in ihrem Gang verbleiben sollen. Sie werden mir ebensowenig eine Religionsbekümmerung zudichten können, als ich pflichtmäßig die mir anvertrauten höchsten Rechte besorge. Ich schließe mit dem Bekenntnis wahrer Freundschaftsverehrung und bin Ihr ergebener Diener Körner, Amtsvogt und Oberpfarrer zu Döbra. Einige Jahre vorher ließ der Vogt auch die Agende nach Enchenreuth bringen, nahm einige Korrekturen vor und sandte das Buch wieder zurück. Vor allem mißfiel ihm im Kirchenbuch die Bezeichnung des Markgrafen als "das teuere Haupt unseres Landes". Der Vogt wollte also dem Pfarrer vorschreiben, wie er den Gottesdienst zu gestalten hätte. Bei diesen Handlungen gingen die Enchenreuther Vögte von der anmaßenden Anschauung aus, daß sie berechtigt seien, in der markgräflichen Kirche die Kirchenherrschaft auszuüben. Sie betrachteten sich daher als die Vorgesetzten der Pfarrer, weswegen sie sich öfters "Oberpfarrer von Döbra" nennen. So schreibt 1781 Vogt Roppelt an die Bamberger Regierung: "Ich erlasse so viele in die geistliche Disposition einschlagende Befehle an meinen subordinierten Diakonus, welche alle befolgt werden, und wie will man da zweifeln, daß er mich als seinen Vorgeordneten anzusehen hat?" Über die Amtsanmaßung beschwerte sich selbstverständlich der Schauensteiner Pfarrer beim Dekanat Münchberg, zu dem damals Döbra gehörte, er fand aber dort wenig Unterstützung. Vorerst wurde das alte Gesangbuch noch verwendet, dann bestimmte Diakon Basold, daß ab März 1792 das neue einzuführen sei und erklärte auf der Kanzel, die Einwohner bräuchten sich nichts mehr um die Anordnungen des Vogts zu kümmern, an katholischen Feiertagen seien nur stille Arbeiten zu leisten, die Ehesachen seien künftig bei ihm vorzubringen, die Kirchenrechnungen sollen nicht mehr in Enchenreuth, sondern von ihm eingesehen und abgehört werden, die Reparaturen an den Kultusgebäuden - Kirche und Schulhaus - werden von jetzt ab in Bayreuth angeordnet, am Karfreitag werde die vom Konsistorium angeordnete allgemeine Beichte stattfinden, auch dürfen die Verordnungen Bambergs nicht mehr in der Kirche bekanntgegeben werden, dies soll auf dem Dorfplatz geschehen. Nach dem Gottesdienst protestierte sofort Scbultheiß Peetz, Döbra Nr. 23, gegen die Befehle des Diakons. Nachdem 1791 die Markgrafschaft Bayreuth und damit auch Schauenstein an Preußen gefallen war, fühlten sich die Diakone als Beauftragte des mächtigen preußischen Königs, forsch und kühn verhielten sie sich nun mehr gegen die Bamberger Beamten, und befehlend traten sie in der Gemeinde Döbra auf. Bald aber merkte Diakon Basold, daß er mit der Einführung des neuen Gesangbuchs und der allgemeinen Beichte bei der Bevölkerung und beim Enchenreuther Vogt auf heftigen Widerstand stoßen werde. Als er zum Osterfeiertag 1792 nach Döbra zum Gottesdienst kam, vernahm er, daß sich die Gemeinde tags zuvor auf Befehl des Vogts verpflichten mußte bei zehn Talern Strafe weder die neue Art der Beichte noch das Gesangbuch anzunehmen. Im Schulhaus fand er auf Anordnung des Vogts die Gemeinde versammelt. Der Schultheiß nannte die Verkündigungen des Diakons ein "Gewäsch", um das sich die Gemeinde nichts zu kümmern bräuchte, denn noch stand ja Döbra unter der Herrschaft des Bischofs. Nachdem Lehrer Hellrich den Befehl des Vogts vorgelesen hatte, nur Lieder aus dem alten Gesangbuch zu singen, protestierte der Diakon mit scharfen Worten, und es kam zu einer erregten Auseinandersetzung, dabei wurde gehörig über die neue Art der Beichte und das Gesangbuch losgezogen, wobei man sich teils für das alte teils für das neue Gesangbuch entschied. Gemeinsam besuchte man hierauf die Kirche. Der Pfarrer ließ ein Lied aus dem neuen, der Lehrer aus dem alten Gesangbuch anschreiben. Der Schauensteiner Kirchner löschte es aus, und der Lehrer schrieb das Lied aus dem alten Gesangbuch wieder an, und so ging es einigemale hin und her, bis endlich das vom Pfarrer ausgewählte Lied stehenblieb. Ein Teil der Gemeinde sang aus dem alten, ein Teil aus dem neuen Gesangbuch. Beide Lieder hatten zwar verschiedene Texte, aber die gleiche Melodie. Die Gemeinde sang tapfer alle Verse zu Ende, und so konnte der Gottesdienst doch noch ohne Störung abgehalten werden. Pfarrer Basold richtete wegen dieses Vorfalls und wegen anderer Auftritte einen Bericht an das Konsistorium. Darin heißt es: Wenn man ihm wieder solche Aufträge erteilt, dann soll man ihn auch, wenn nötig, mit Gewalt schützen, damit solche halsstarrigen und groben Leute wie die Döbraer bezwungen werden. Zuletzt äußert er noch den Wunsch, man solle ihn endlich von seiner Plage befreien und versetzen, denn sieben Jahre lang habe er den Undank und die Ungezogenheit dieses Volkes ertragen müssen. Der temperamentvolle Enchenreuther Vogt Körner schlägt seiner Regierung vor, dem Diakon wegen seines Auftretens die Kirche zu sperren. Am 2. März 1792 läßt er die an der Kirche und dem Schulhaus angebrachten Patente wegen Ubernahme des Fürstentums Bayreuth durch Preußen wieder abnehmen, läßt aber gleichzeitig die Befürchtung eines Uberfalls bewaffneter preußischer Mannschaften laut werden, wie es in Marlesreuth vier Jahre später geschah, und fragt bei seiner Regierung an, ob er Gewalt mit Gewalt abwehren oder "zur Verhütung nachbarlicher Mißhelligkeiten" sich mit einem schriftlichen Protest begnügen solle. Und als am 25. Juli 1796 am Schulhause, das Bamberg immer als sein Eigentum betrachtete, eine Tafel mit der Aufschrift "Ecclesia Borussica" (preußisches Kirchengebäude) angebracht wurde, erbittet er sich von seiner Regierung Anweisung, in wie weit er sich "wegen des Unfugs" widersetzen solle. In den nächsten Jahren aber dämpft der angriffslustige Vogt seinen Übermut und wird bescheidener. l. Bewertung So war Döbra in der Vergangenheit ein heißer Boden für den Pfarrer, den Lehrer, den Bürgermeister und die Einwohnerschaft. Der Diakon hatte die Rechte seines Landesherrn zu wahren und die Anweisungen der kirchlichen Behörden gegenüber den Anmaßungen Bambergs durchzuführen. Daß er dabei immer wieder in einen Konflikt mit den bischöflichen Beamten geriet und nur mit einer geringen Unterstützung seiner Behörden rechnen konnte, war unausbleiblich. Ob die Art, gewaltsam religiöse Sitten und überkommene Gewohnheiten umzuändern und damit die berechtigten Empfindungen der Gemeinde zu verletzen, wie es vor allem in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts geschah, klug war, das steht freilich auf einem anderen Blatt. Einen schweren Stand hatte auch der Lehrer. Er sollte zwei Herren dienen, dem Bischof, der ihn eingesetzt hatte, und dem er sich beugen mußte, und dem Pfarrer, der sein kirchlicher Herr war, und dem er zu dienen hatte. Für ihn stellte sich oft die Frage: Für wen soll ich mich entscheiden? Auch der Bürgermeister - früher sagte man Schultheiß, ab 1818 Gemeindevorsteher und ab 1869 Bürgermeister - war in einer wenig beneidenswerten Lage. Einerseits war er verpflichtet die Anordnungen des Bischofs, der ihn als Amtsschultheiß aufgestellt hatte - von der Bevölkerung wie heute wurde er damals noch nicht gewählt -, durchzuführen, zum andern konnte er es auch mit dem Pfarrer nicht verderben. Daß er bei seinen Handlungen meistens auf der Seite der bischöflichen Beamten und seines politischen Herrn stand, war erklärlich. Auch die Bevölkerung litt unter den ständigen Streitigkeiten und Zänkereien. Sie wurde verunsichert, war zerstritten und wurde oft in zwei feindliche Lager gespalten. Manchmal entzweite man sich um Belanglosigkeiten und nichtige Dinge, über die wir heute nur den Kopf schütteln, aber wir müssen die Kompetenzstreitigkeiten, um solche handelte es sich meistens, aus dem Geist der damaligen Zeit und aus der engen Verbindung der Kirche mit dem Staat verstehen. Wie erwähnt betrachteten die Bayreuther Markgrafen die von einem Nürnberger Burggrafen erbaute erste Kirche als ihren Besitz, aber auch der Landesherr Döbras, der Bischof, sah die Kirche als sein Eigentum an und forderte das "ius episcopale", d. h. das Recht, die Kirchenherrschaft auszuüben. So heißt es z. B. im Urbar Stadtsteinach v. J. 1743: "Die Kirche ist Bamberg", und in der Enchenreuther Amterrechnung v. J. 1771 lesen wir: "Das lus Episcopale ist bambergisch". Es waren also die Hauptfragen nicht geklärt worden: Wem gehört die Kirche? Ist sie markgräflich oder bischöflich? Und wem steht das "ius episcopale" zu? In dem am 7.2.1650 in Nürnberg zwischen dem Bischof von Bamberg und dem Markgrafen von Bayreuth abgeschlossenen Vertrag wurde Döbra zwar die ungehinderte Ausübung evangelischen Gottesdienstes zugesichert, über das Episkopalrecht aber wurde nicht gesprochen. Und gerade wegen dieses Rechtes, das beide Parteien beanspruchten, kam es zu den geschilderten Streitigkeiten. Wäre diese Frage eindeutig entschieden worden, dann wären alle Zänkereien, wie Schließung der Kirche, Kampf um die Schulstelle, Differenzen wegen des Trauerläutens usw. unmöglich gewesen oder hätten rasch erledigt werden können. Durch den Reichsdeputationshauptbeschluß v. 25. Februar 1803 fiel das kaiserliche Fürstbistum Bamberg und damit auch Döbra an Bayern. Nun traten klare und geordnete Zustände ein, die Bevölkerung atmete auf, und die jahrhundertelangen Streitigkeiten, die sich empfindlich auf den kirchlichen Frieden ausgewirkt hatten, nahmen ein Ende.
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