Geschichte
des Dorfes Döbra
Geschichte des Dorfes Döbra (von Hans H a r t m a n n, Döbra)
aus: Zeitschrift des Frankenwaldvereins, Heft 3 und 4, 1979
Im Juni 1979 feierte die Ortsgruppe Döbra des Frankenwaldvereins ihr 50-jähriges
Bestehen. Aus diesem Grunde schrieb Hans Hartmann einen Rückblick über die Ortsgeschichte Döbras:
Das Dorf Döbra liegt rd. 700 Meter über dem Meeresspiegel und gilt als das
höchstgelegene Kirchdorf Nordbayerns. Mit dem Namen Döbra bezeichnete man anfangs nur
den Döbrabach, dann benannte man damit den Ort und schließlich den Döbraberg.
Der Döbrabach, die Dobrein, erscheint erstmals am 28. April 1386 in einer Urkunde des
Ritters Otto Wolfstriegel, der seine Veste Schauenstein mit den dazugehörigen Gütern an
den Nürnberger Burggrafen Friedrich verkaufte. Der Ort Döbra wird 1401 das erstemal
urkundlich genannt. Im Lehenbuch des Burggrafen Johann III. von Nürnberg lesen wir:
"Heinze Eberhardt zu Weitersgrün (Weidesgrün) unter dem Schawinstein (Schauenstein)
hat empfangen drew (drei) tagwerk wisen, gelegen zu Nidern Malenreut (Marlesreuth) unter
Döbrey und acht morgen ackers". Der Döbraberg, in einer Grenzbeschreibung um 1150
"der Chulm" genannt, erhält erst im 17. Jahrhundert seinen heutigen Namen. In
den Urkunden wandelte sich die Schreibweise des Ortsnamens von Döbrey über Dobra, Tobra,
Döbera, Dobera zu Döbra. Die volkstümliche Aussprache lautet dibra.
1401 ist natürlich nicht das Gründungsjahr. Die Ersterwähnung bezeugt nur, dass der Ort
um diese Zeit schon bestand. Den Namen Döbra versuchte man, wie viele Orts- und
Flurnamen, die nicht aus der deutschen Sprache zu erklären waren, als slawisch zu deuten.
Ein Slawist leitete den Namen vom tschechischen Eigenschaftswort dobra = gut ab und
erklärte ihn als "die liebe, gute Stätte", ein anderer ging beim Döbrabach
vom slawischen Dabra = gutes Wasser aus und deutete den Ort als "Siedlung am Bach, am
guten Wasser", wieder ein anderer behauptete, dass auf dem Döbraberg eine
altslawische Opferstätte gewesen sei, den Beweis blieb er jedoch schuldig.
Heute sind viele als slawisch angesehene Namen als deutsche, manche als keltische und
illyrische Namen erkannt worden. So wird es auch bei unserem Namen gewesen sein. Nach
seiner ältesten Lautform Döbrey lässt sich der Ortsname heute nicht erklären. Die
ersten Siedler waren Deutsche, die auch den Ortsnamen prägten. Slawische Herkunft ist
auch deshalb unwahrscheinlich, weil alle seine Nachbarorte, wie Haidengrün, Marlesreuth,
Lippertsgrün, Straßdorf, Schwarzenbach u. a. eindeutig deutsch bezeichnet sind.
Döbra dürfte, wie die meisten Orte des Frankenwaldes, in der zweiten Hälfte des 14.
Jahrhunderts, vielleicht noch früher, entstanden sein, als das reichbegüterte adelige
Geschlecht der Herren von Radeck in Rodeck ein festes Schloß, das Castrum Radekke,
erbaute und sie oder ihre Nachfolger mit Hilfe deutscher Lehensbauern die großen
Waldungen um den Döbraberg rodeten, den Boden aufrissen und Siedlungen anlegten.
1484 zählte der Ort sieben ganze Höfe, 1505 werden noch die Sölde Nr. 1, ein kleineres
Bauernanwesen, sowie das alte Wirtshaus Nr. 24, die Erbschenke mit Zapfengerechtigtkeit,
genannt. Mit dem 1594 erwähnten alten Pfarrhaus Nr. 23 bildeten sie den Kern des Dorfes.
Die ältesten Höfe liegen in der Mitte des Dorfes und um und unterhalb der Kirche. Über
die sieben ganzen Höfe ist das Dorf als Ansiedlung und Wohngebiet von Bauern nicht
hinausgewachsen. Schon um diese Zeit war der größte Teil des Waldes gerodet, und die
Ortsflur war aufgeteilt. Der Grundherr, der Bamberger Bischof, hatte das größte
Interesse, dass der lebensfähige Hof erhalten blieb, daher ging er grundsätzlich
ungeteilt, in der Regel auf den jüngsten Sohn über. Die anderen Nachkommen wurden als
weichende Erben behandelt und abgefunden. Bei mehreren Erben gestattete der Grundherr auch
die Teilung. Ein Sohn übernahm den väterlichen Hof, der durch Abgabe von Grundstücken
verkleinert und auch intensiver bewirtschaftet werden konnte. Der andere Sohn rodete den
Außenbezirk der arten Dorfmark und gründete einen eigenen Teilhof. Es kam also zu einer
Zersplitterung der Höfe. So war es auch in Döbra. Von 1609 bis 1763 erfolgte die Teilung
der sieben ganzen Höfe, und es entstanden 14 Teilhöfe, die sich bis zum vorigen
Jahrhundert erhalten konnten. Es hat sich also nur die Zahl der Teilhofe vermehrt, ihre
Summe ergibt jedoch immer wieder sieben ganze Höfe. Nach Teilung des letzten Hofes
entstanden keine Teilhöfe mehr, die noch vorhandene Waldfläche blieb erhalten und
gestattete auch im Außenbezirk des Dorfes keine Rodung mehr. Die Häuser, die sich nun
bildeten, waren keine Bauernhäuser, sondern Tropfhäuser, deren Grundbesitz in der Regel
nur bis zur Dachtraufe, der Trüpf, reichte, also Wohnhäuser für Taglöhner, Handwerker,
Gewerbetreibende, Hausweber und noch später für Industriearbeiter.
Die Entwicklung des Dorfes erfolgte in verschiedenen Zeitabschnitten. Bis zum vorigen
Jahrhundert war der mittlere Teil des Dorfes bebaut, wo die sieben ganzen Höfe und die
daraus gebildeten Teilhöfe lagen. Das untere Dorf, der Anger, entstand im ersten Drittel
des vorigen Jahrhunderts, noch später das obere Dorf, die Meilerstatt, im Volksmund
Meierstatt genannt. Hier befand sich auf einer Weide ein Meiler, wo Köhler Holzkohlen
brannten. Die Häuser auf der Burg entstanden um die gleiche Zeit. 1515 beabsichtigte das
Bistum Bamberg an dieser Stelle eine Burg zu erbauen. Der Bayreuther Markgraf wollte
jedoch an der Grenze seines Territoriums das Vorhaben nicht dulden, deswegen unterblieb
der Bau. Die Häuser der oberen, mittleren und unteren Siedlung sind die jüngsten und
entstanden erst nach den beiden Weltkriegen. Mit dem Bau des 1959/60 errichteten und heute
aufgelassenen Schulhauses setzte eine rege Bautätigkeit ein. Eine Reihe von Wohnhäusern
entstand rechts vom Schulhaus auf dem sog. Lohsteig und am Südhang des Döbraberges.
wodurch sich das Ortsbild wesentlich veränderte. Heute zählt Döbra 165 Wohnhäuser,
davon wurden etwa 70 nach der Währungsumstellung i. J. 1948 errichtet.
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Der Lageplan zeigt Döbra im Oktober 1953.
Er ist der handschriftlichen Originalchronik von Hans Hartmann entnommen.
Die Nummern beziehen sich auf eine Liste der Hausbesitzer der damaligen
Zeit. |
1813 zählte Döbra 33 Häuser mit 17 landwirtschaftlichen Betrieben und 15 Tropfhäuser,
1856 gab es nach dem Grundsteuerkataster 43 Häuser, davon waren 16 Bauernhöfe und 26
Tropfhäuser. Heute sind nur noch 6 Bauern vorhanden. So veränderte sich allmählich die
Struktur, und aus dem Bauerndörflein wurde ein Arbeiterdorf. Die Umschichtung begann in
der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, setzte sich in der zweiten Hälfte fort,
erreichte in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts einen Höhepunkt und ist heute noch
nicht beendet.
Verschiedene Gründe wirkten zusammen, dass bei uns zahlreiche Bauernhöfe eingingen. Ein
Grund ist in den schlechten wirtschaftlichen und klimatischen Verhältnissen zu suchen.
Der karge Boden, das raue Klima und die mühselige Arbeit mit den einfachen Ackergeräten
gestatteten früher keinen rationellen Betrieb. Im Lehenbuch des Kastenamtes Stadtsteinach
v. J. 1696 lesen wir, wie schwierig die Arbeit der Bauern war und dass sie nur mit
geringen Erträgen rechnen konnten. Manche Felder konnten nicht bearbeitet werden, sie
lagen jahrelang öd und brach, weil sie "nichts nutz" oder "zum bauen nicht
tauglich waren", andere versprachen "wegen geringen Erdbodens" keinen
Ertrag und konnten "nur zur Huth genossen" werden, wieder andere waren "mit
Büschen beflogen", mit "Wachholderbüschen bewachsen" oder vollständig
"verprombt", d. i. Brombeergestrüpp bedeckt. Manche Wiesen waren so nass, dass
sie nur saures Futter gaben, also Sumpfgräser, die das Vieh verschmähte. Auf
"dürren Wiesen" war der Boden so wasserarm, dass sich in trockenen Zeiten das
Mähen überhaupt nicht lohnte. So konnten unsere Bauern in normalen Zeiten trotz
größten Fleißes und äußerster Sparsamkeit wenig ernten. Waren aber die
Witterungsverhältnisse ungünstig, kam eine Missernte oder ein Hagelschlag, so wurden sie
oft um den Ertrag ihrer Arbeit gebracht. Deswegen sahen sie sich schon immer nach einem
Nebenerwerb um. Manche Bauern waren zugleich Schmiede, Schneider, Schuhmacher,
Zimmerleute, Wagner, Schindelmacher oder übten ein anderes Handwerk aus. Trotzdem kamen
sie nicht vorwärts, verschuldeten und waren genötigt, Grundstücke oder den ganzen Hof
zu verkaufen, um ihre Schulden abtragen zu können. Oft hatte der Nachfolger bei der
Erbauseinandersetzung mit den Geschwistern den Hof so hoch übernommen, dass sich seine
wirtschaftliche Lage immer mehr verschlechterte, oder er fiel in seiner Gutgläubigkeit
gerissenen Gütermaklern in die Hände, denen er auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war.
So starben alte Bauernhöfe und Bauerngeschlechter, eine Feststellung, die man auch bei
den anderen Gemeindeorten treffen kann, daher konnten sich nur wenige Höfe von ihren
Uranfängen bis zum heutigen Tage erhalten. Schließlich war es jedoch das technische
Zeitalter, das bei uns wie in den anderen Orten die Struktur unseres Dorfes veränderte.
Mit dem Aufkommen der Industrie suchten schon im vorigen Jahrhundert Bauern, die nicht
mehr vorwärts kamen, eine andere Verdienstmöglichkeit. Sie fanden sie zunächst in der
Hausindustrie, wurden Hausweber, arbeiteten für Fabrikanten in Lohnarbeit und betrieben
die Landwirtschaft nur mehr nebenberuflich. Später, als auch in unserer Gegend die ersten
Fabriken entstanden, gaben sie die Landwirtschaft auf, verließen den Pflug, wanderten in
die Industrie ab und betätigten sich als Industriearbeiter.
Wie sich einerseits die Zahl der Bauern verringerte, so stieg andererseits die Zahl der
Hausweber. 1856 gab es in Döbra 17 Hausweber, dazu kamen noch die mithelfenden Frauen und
Kinder am Spulrad. Für die späteren Jahrzehnte sind keine Angaben über die Zahl der
Hausweber möglich, denn Einwohnerlisten sind nicht mehr vorhanden. Es kann jedoch
angenommen werden, dass ihre Zahl erheblich zugenommen hat, trotz der Rückschläge, die
der Hausweber in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts hinnehmen musste. Schon
immer kam er in große Bedrängnis, das große Weberelend begann jedoch in den 70er
Jahren.
Nach dem glücklichen Ausgang des Krieges 1870/71 und der Errichtung des zweiten deutschen
Kaiserreiches nahm die Wirtschaft zwar einen großen Aufschwung, die Blüte dauerte jedoch
nur kurze Zeit. 1873 kam eine Wirtschaftskrise, die auch den Hausweber erfasste. Er litt
unter der Flaute, Arbeitsmangel, karger Lohn und ständige Not waren die Folgen. Auch in
den nächsten Jahren war das Weberelend so groß, dass wegen der schlechten
Erwerbsverhältnisse viele Döbraer nach Amerika auswanderten, von 1879 bis 1882, also in
vier Jahren, über 100 Personen. Die meisten Auswanderer waren junge Hausweber, die sich
in der Neuen Welt und auch in den sächsischen Industriestädten Plauen, Reichenbach und
Leipzig eine neue Existenz aufbauen wollten. Der Staat bemühte sich zwar, die Hausweberei
am Leben zu erhalten, ihr war jedoch nicht mehr zu helfen. Erst mit der Errichtung von
Textilbetrieben in den größeren Orten des damaligen Bezirksamtes Naila brach eine neue
Zeit für die Hausweber an, die nunmehr in der Baumwollweberei Schwarzenbach/W. Arbeit und
Brot fanden.
Döbra und Haidengrün waren die beiden einzigen Gemeinden des früheren Landkreises
Naila, die bis 1803 zum Bistum Bamberg gehörten, während sie kirchlich bis 1822 mit dem
in der Markgrafschaft Bayreuth gelegenen Schauenstein verbunden blieben. Wegen der
kirchlichen und politischen Verhältnissen kam es zwischen den beiden Hohen Herren, dem
Bischof und dem Markgrafen, zu Jahrhunderte langen Kompetenzstreitigkeiten, wie
Schließung der Kirche, Kampf um die Schulstelle, Streit wegen der Bergleute in den
bischöflichen Gruben, Differenzen wegen des Trauerläutens usw. Darüber wurde schon
berichtet (s. Frankenwald 1959, 4 u. 5).
1566 werden vier "Eisenberge" bei Döbra genannt. Das bischöfliche Bergwerk bei
Rodeck, die St. Bernhardszeche, führte im Volksmund den Namen "uff der Wesch".
Der Name mag daher kommen, weil die geförderten Erze vorher gewaschen worden sind, um den
Unrat zu entfernen, erst dann wurden sie in den Schmelzhütten geschmolzen. Das Bergwerk
dürfte ebenso wie die anderen Gruben im 16. Jahrhundert eingerichtet worden sein und war
noch nach dem Dreißigjährigen Krieg in Betrieb. Die Grube war ein Eisenbergwerk und
lieferte Erze mit einem Eisengehalt bis zu 40 % (Mohr). Doch scheint man auch Silberfunde
erhofft zu haben, denn 1690 ist von dem zu "hoffenden guten Silberbergwerk" die
Rede. Die Kirchenbücher der Pfarrämter Döbra und Enchenreuth nennen die Namen einiger
auf der Zeche beschäftigten Bergleute. Der letzte Bergmann war Johann Heinrich Dill, der
1741 in Döbra starb. Nun wurde es still in der "Wäsch". Die Grube lag in einer
einsamen, verrufenen Gegend, rings von dunklem Wald umgeben, heute eine Waldabteilung
zwischen Rodeck und Thron. Die Bergleute, in zwei Häusern wohnend, verließen mit ihren
Familien den unheimlichen Ort, nachdem sich der Abbau nicht mehr gelohnt hatte. Die
Häuser verfielen, die Schachte und Stollen stürzten ein. Heute sieht man hier große
Löcher im Erdboden, Zeugen der aufgelassenen Grube. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg
versuchte man in der "Wäsch" wieder einen Schacht zu graben, der jedoch
unvollendet blieb.
Etwa 400 Meter südlich von Thron in der Nähe der Helmbrechtser Straße lag eine Grube,
in der im Tagebau bis zwei Meter mächtige Brauneisenerzlager abgebaut wurden. Der
Eisengehalt der St.-Johannesgrube betrug etwa 47 % (Mohr). Der Enchenreuther Vogt Bisani,
dem als Bergamtsverwalter auch die anderen Gruben des Amtes Enchenreuth unterstanden,
konnte 1796 noch Quatembergelder und den Zehnten für geförderte Erze verbuchen, im
nächsten Jahre musste der Betrieb eingestellt werden, denn sein Nachfolger, Vogt Körner,
vermerkt: "Keine Einnahme, weilen wegen Ermangelung des Verschleißens in diesem
Bergwerke nicht mehr gearbeitet wird".
Die Rechnungen der Enchenreuther Vögte enthalten über die beiden Gruben in Poppengrün
und Haidengrün keine Einträge, auch ist nicht bekannt, wie lange die Gruben betrieben
worden sind. Die Poppengrüner Grube lag in einer sumpfigen Talwanne nordöstlich der
Ortschaft und etwa 350 Meter südlich von Bärenhaus. Die Erze enthielten ca. 36% Eisen
und 6% Mangan (Mohr). An diese erwähnten Gruben erinnern heute eine Reihe von Flurnamen.
Die Kriege gingen an unserem Dorfe nicht spurlos vorüber. 1525 empörten sich die Bauern
gegen ihre Grundherren. Sie hatten es besonders auf die Burgen und Klöster abgesehen, wo
die verhassten Zinsbücher und Steuerlisten aufbewahrt waren. Die Stadtsteinacher Bauern
zerstörten die Burgen Nordeck und Wildenstein im Steinachtal, und die Enchenreuther
Bauern zogen gegen das Castrum Radekke, das sie beschädigten. Nach Niederschlagung des
Aufstandes mussten bei der Erbhuldigung des Fürstbischofs am 19. August 1526 in
Stadtsteinach auch die Untertanen von Enchenreuth, Rodeck und Döbra erscheinen und an den
Lehensherrn des Castrums, Georg von Wildenstein, den Betrag von 80 Gulden für
Beschädigung des Schlosses und eine Buße von 192 Gulden bezahlen.
Im Dreißigjährigen Krieg hatte Döbra bei dem zweimaligen Einfall der Schweden und
Kroaten 1632 und 1635 schwer zu leiden. Durch Raub und Plünderung entstand den Einwohnern
nach einer Aufzeichnung des Enchenreuther Vogts Atzendofer ein Gesamtschaden von rd. 1900
Gulden. (Eine Kuh kostete damals 10, ein Ochse 20, eine Ziege 2 und ein Schaf 1 Gulden).
An den markgräflichen Kommandanten der Plassenburg, den Obersten Hans Christoph von
Muffel, hatten die nach Döbra eingepfarrten Orte eine hohe Kriegssteuer und an den
Schauensteiner Obristwachtmeister Ernst von Beulwitz Bargeld, Korn, Hafer und Vieh zu
entrichten. Die Schweden erschlugen bei ihrem Einfall Stephan Friedel, den Besitzer der
Erbschenke. Die Kirche wurde von den Schweden und Kroaten ausgeraubt und geplündert und
erlitt einen Schaden von 350 Gulden. Auch in den späteren Jahren war unsere Gegend vor
den Soldatenhaufen, die sich nach dem Tode Tillys, Gustav Adolfs und Wallensteins gebildet
hatten, nicht sicher, so dass in Schauenstein und Enchenreuth ein Streifendienst
eingerichtet werden musste, um den " Plackereyen" zu begegnen. Und gegen Ende
des Krieges, am 19. Januar 1643, schrieb die Gemeinde Döbra an ihren Landesherrn, den
Bischof, dass die Bewohner zu keiner rechten Arbeit mehr kämen, sie müssten häufig vor
den marodierenden Kriegsvölkern in die großen Wälder des Türkengrundes flüchten und
sich Tag und Nacht darin verbergen, um das nackte Leben zu retten.
Eine neue Gefahr für das christliche Abendland bedeuteten die Türken, die 1529 und 1683
bis Wien vordrangen. 1594 ordnete der Bayreuther Markgraf Georg Friedrich an, dass wegen
der anstürmenden Türken in allen Städten, Märkten und Dörfern seines Landes zur
Mittagszeit um 12 Uhr "mit der großen Glocken, so man die Türkenglocken nennet, ein
Zeichen geläutet werde" um die Bevölkerung an ihre Gebetspflicht zu erinnern. Die
Kirche in Döbra galt als markgräflicher Besitz, daher war die Anordnung Bayreuths auch
bei uns zu befolgen. Seit dieser Zeit ist das Mittagsläuten mit den drei Nachschlägen,
den Türkenschlägen, in Döbra gebräuchlich.
Nach den Pfarrbüchern starben 1759 in der Kirchengemeinde 77 Personen an dem
"hitzigen Fieber", einer Krankheit, die im Siebenjährigen Krieg 1756 bis 1763
einquartierte Soldaten einschleppten. In den Kriegen Napoleons 1806 bis 1813 blieb Döbra
von Einquartierungen verschont, es zogen aber durch den Ort viele französische,
italienische und russische Truppen, die wieder Krankheiten und Seuchen hereintrugen. Die
Bauern hatten Vorspanndienste zu leisten, Hafer, Heu und Stroh für die Pferde sowie
"Verpflegskosten" für erkrankte und verwundete fremde Soldaten aufzubringen.
Bei den Vorspanndiensten beklagten sie den Verlust von 4 Wagen, 3 Paar Ochsen und 2
Pferden.
Am Krieg 1870/71 nahm der Bauernsohn Johann Schrepfer in Poppengrün teil und fiel am 21.
Dezember an der Loire. Eine Gedächtnistafel befindet sich in der Kirche über dem Eingang
zur Sakristei. Die größten Opfer forderten jedoch die beiden Weltkriege. Das 1959
errichtete Ehrenmal nennt im ersten Weltkrieg 17 und im zweiten 38 gefallene und vermisste
Soldaten des Dorfes.
Auch von Bränden blieben wir nicht verschont. 1743 äscherte ein Brand die Anwesen Nr. 1
bis 5 vollständig ein. Das größte Brandunglück brach jedoch in der Nacht vom 11. auf
den 12. Juni 1867 über unser Dorf herein. Das Feuer, in einer Scheune ausgebrochen,
erfasste ein Haus um das andere, und da viele Gebäude aus Holz gebaut und mit Stroh oder
Schindeln gedeckt waren, konnte es sich rasch ausbreiten. An ein Löschen war nicht zu
denken, es gab kein Wasser, keine Feuerwehr, keine Spritze. Tatenlos mussten die Bewohner
zusehen, wie ihre Anwesen den Flammen zum Opfer fielen. Von den 56 Häusern brannten 22
mit allen Nebengebäuden ab, ebenso die Kirche und das große Schulhaus.
Zu berichten ist auch von Missernten und anderen Notzeiten. So regnete es 1817 wochenlang
von Anfang Mai bis Ende August. Die Frühjahrssaat setzte verspätet ein, auf den Feldern
verfaulten die Kartoffeln, und das unreife und nassgeerntete Getreide verdarb meistens in
der Scheune. Der Missernte folgten Verteuerung der Lebensmittel, Krankheiten und
Hungersnot. 1817 starben in der Kirchengemeinde infolge der schlechten und unzulänglichen
Ernährung 39 Personen. Unter der Missernte litten vor allem die Hausweber. Um ihre Not
einigermaßen zu lindern, bezog die Gemeinde von dem Kgl. Magazin Naila Brotgetreide, das
für etwaige Missernten eingelagert war, und verteilte an die Bedürftigen unentgeltlich
24 Metzen Korn und 6 Metzen Weizen. Das Jahr 1828 brachte wieder eine Missernte, die aber
keine solchen Folgen hatte wie das Hungerjahr 1817. Auch schlechte Kartoffelernten
vermehrten das Weberelend. So berichtete die Gemeinde am 9. April 1880 an das Bezirksamt
Naila, die Weberbevölkerung leide große Not wegen einer Missernte seien alle
Kartoffelvorräte, auch die Saatkartoffeln, aufgezehrt. Das Bezirksamt werde gebeten, der
Gemeinde Saatkartoffeln zuzuweisen, denn die Kartoffeln seien das Hauptnahrungsmittel der
Hausweber. Am 25. Mai 1829 vernichtete ein furchtbares Hagelunwetter die Feldfrüchte des
Dorfes, und am 18. Juli 1883 entlud sich über Döbra ein schweres Gewitter, begleitet von
einem Hagelunwetter, das wiederum die Ernte bis Marlesreuth vernichtete. Ein Notjahr für
unsere Bauern war 1893. Bis tief in den Sommer fielen kaum nennenswerte Niederschläge,
weswegen Getreide und Sommerfutter nicht gedeihen konnten und nur geringe Erträge
brachten.
Entsetzlich waren die Wohnungsverhältnisse der Hausweber. Auch große Familien mussten
sich mit einem Zimmer begnügen, das zugleich Küche, Arbeitsraum und Wohnzimmer war. In
einem Raum standen oft zwei Webstühle, und der Boden, in der Regel mit einem Verschlag
unterteilt, diente als Schlafstätte. Infolge der ungesunden Wohnungsverhältnisse und der
kargen Ernährung waren Tuberkulose und Kindersterblichkeit weit verbreitet. Um die
Wohnungsnot zu lindern, erhielt Döbra auf ein Gesuch vom bayerischen Staat 4000 Gulden,
womit 1864 fünf einstöckige Gemeindehäuser erbaut wurden, die heute hiesigen Einwohnern
gehören, mit Ausnahme von einem Haus.
Um die Jahrhundertwende vollzogen sich im landwirtschaftlichen Bereich große
Veränderungen. Unsere Bauern gewöhnten sich an die Stallfütterung und unterließen
größtenteils das Einzelhüten. Die jahrhundertealte Dreifelderwirtschaft war so gut wie
überwunden und hatte verbesserten Fruchtfolgen Platz gemacht. Seitdem sich im 18.
Jahrhundert die Kartoffel durchgesetzt hatte und im 19. der Kleeanbau, war für die Brache
kein Platz mehr. Durch die Verwendung von Kunstdung steigerten sich die Erträge, und
unsere Bauern waren nicht mehr so auf den Weidegang im Staatswald angewiesen. In der
Erntezeit verdrängte die Sense die Sichel, und mit dem Einzug der Technik auch in das
letzte Dorf trat an ihre Stelle bald die Mähmaschine, Statt des alten Holzpflugs
verwendeten die Bauern den Wender. Nun konnten die Felder gründlicher und schneller
bearbeitet werden. Gesät wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch mit der Hand, nach
1900 bürgerte sich immer mehr die Sämaschine ein. Vor 1900 hatten die Bauern noch mit
dem Flegel, der Drischel, gedroschen. Nun trat an ihre Stelle die Handdreschmaschine und
in größeren Betrieben der von Rindern betriebene Göpel.
Der vorwärtsstrebende Ort hat in den letzten Jahrzehnten größere Unternehmungen
durchgeführt. Mit dem Bau der Wasserleitung war es möglich, die Wassernot zu beseitigen
und dem Dorfe einen besseren Feuerschutz zu geben. Wirtschaftswege und neue Straßen
entstanden. Damit erhielten wir eine tägliche Busverbindung mit Naila und
Schwarzenbach/W., wodurch ein langgehegter Wunsch der Bevölkerung in Erfüllung ging.
Innerhalb der Ortschaft wurden unübersichtliche Engstellen, die Verkehrshindernisse
bildeten, beseitigt und verschiedene Maßnahmen zur Ortsverschönerung vorgenommen.
Heute bemüht sich die Ortsgruppe des Frankenwaldvereins, den Fremden die Schönheit
unserer Heimat zu erschließen, sie markiert Wanderwege und stellt an Plätzen mit guter
Sicht Ruhebänke auf. Mit der Errichtung des Sportheims gewinnt auch das Skigelände um
den Döbraberg für den Langlaufsport immer mehr an Bedeutung und erfreut sich großer
Beliebtheit.
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